Marie-Theres Boetzkes_kleinWas fasziniert eine promovierte Juristin an der Idee, ein Coworking Space für Frauen zu eröffnen? Marie-Theres Boetzkes lächelt. Diese Frage hat sie in den letzten Monaten schon häufiger beantwortet. Beim Stammtisch im Kreativquartier  waren wir ins Gespräch gekommen. Die Konsequenz, mit der die Rechtsanwältin ihren lukrativen Job in einer Kanzlei gekündigt hatte und ihren Interessen folgte, fand ich bemerkenswert. „Fünf Tage die Woche alleine im Büro zu hocken, das ist einfach nichts für mich!“  sagt sie und verdreht die Augen. „Ich muss im Kontakt mit Menschen sein.“

An diesem Mittag kommt sie zu mir ins Impact Hub. Das kennt Marie-Theres Boetzkes natürlich auch schon, denn ihre Feldforschung in Sachen „Coworking“ war ziemlich gründlich. Den Anstoß gab ein Artikel über ein neues Angebot in New York, The Wing, das sich ausschließlich an Frauen richtet. „Das hat mich so angefixt!“, sprudelt es aus ihr heraus. Ihr Traum wäre es, Frauen ein  optimales Umfeld für ihr berufliches Weiterkommen zu schaffen,  in dem sie ihr Potenzial entfalten können Mit Kinderbetreuung, Netzwerkevents und zusätzlichen Coaching-Angeboten. „Mir geht es um Empowerment!“ erklärt die 31-Jährige. Einen Monat gab sie sich Zeit um herauszufinden, ob sich ihre Vision unterm Strich auch rechnen würde. Sie stürzte sich in die Recherche und sammelte Infos zu angesagten Locations in ganz Deutschland,  vom Coworking Toddler mit Kita am Prenzlauer Berg bis zum places in Hamburg. Die Münchnerin  führte Gespräche mit den Gründern, entwickelte ein 3-Säulen- Konzept, kalkulierte ein Pricing und startete schließlich eine kleine Umfrage unter Frauen in ihrem Netzwerk. Das Ergebnis war ernüchternd.

Wie sähe ein perfektes Coworking Space aus?

„Alle fanden die Idee super, aber die meisten favorisierten die günstigste Option, eine Zehnerkarte“, erzählt sie. Ein Monatsticket mit 24/7- Stunden-Zugang und Rundumbetreuung?  Die wirtschaftlich wichtigste Variante war bei keiner der Befragten im Budget. Dafür waren die Ansprüche umso höher: Gerne Austausch mit anderen, aber Einzelarbeitsplätze wären schon auch genial… „Was natürlich mit hohen Investitionskosten verbunden wäre“, betont Marie-Theres Boetzkes. Das Ergebnis war ein herber Dämpfer. Ohne fest vermietete Arbeitsplätze und Räume, etwa für Start-ups, lässt sich kein Geschäft machen. Das war der Juristin klar. Ihr Anspruch, eine rein weibliche Zielgruppe zu erreichen, machte die Sache nicht leichter. „Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Team nur aus Frauen besteht?“ fragt sie. „Sobald du die Männer ausschließt, bist du auf die nicht so zahlungskräftigen Frauen angewiesen.“

Marie-Theres Boetzkes hat nach einem Monat intensiver Recherche die Bremse gezogen. „Aber so ganz lässt mich die Idee doch nicht los“, räumt sie ein. Den Traum von einem Ort, an dem Mütter (und vielleicht auch Väter) in nächster Nähe zu ihren Kindern arbeiten, hat sie noch nicht aufgegeben. „So viele Frauen sind an dem Thema dran“, sagt sie. „Es muss doch irgendwie auch in München möglich sein!“

Foto: Johannes Schmid/privat

Austausch gerne, aber es darf nichts kosten
Markiert in: